Den Wasserverbrauch im Bergbau reduzieren // Weltwassertag am 22. März



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21.03.2019 08:30

Den Wasserverbrauch im Bergbau reduzieren // Weltwassertag am 22. März

Vom Wasser sind zahlreiche Industrien abhängig. Ein Beispiel ist die Aufbereitung von mineralischen Erzen. Wie der Wassereinsatz optimiert werden kann, zeigen Forscher des Helmholtz-Instituts Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf am Beispiel des Rohstoffs Fluorit. Sie haben ein Verfahren entwickelt, das die Simulation des Aufbereitungsprozesses erweitert. Dieses zeigt an, wo sich Wasser sinnvoll mehrfach einsetzen lässt, ohne dass es bei der Erzanreicherung zu Verlusten kommt. Der Verbrauch an Frischwasser lässt sich damit deutlich verringern. Das kommt der Umwelt zugute, aber auch den Bergbaufirmen, weil es die Rohstoffgewinnung effizienter macht.

Ob im Smartphone, modernen Autos oder Anlagen zur klimafreundlichen Solarstromerzeugung – Hightech-Werkstoffe sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Zwar kann Recycling den Rohstoffbedarf teilweise decken, der Großteil der Materialien kommt aber nach wie vor aus dem Bergbau. Die Umweltauswirkungen sind bekannt: Flächenverbrauch, zusätzliche Verkehrswege sowie Siedlungen in oft entlegenen Gebieten. Hinzu kommen oftmals auch ein großer Wasserbedarf und entsprechende Mengen an Abwasser. HIF-Forscher um den Verfahrensingenieur Bruno Michaux haben gemeinsam mit Kollegen in Finnland eine Methode entwickelt, um den Wassereinsatz in der Aufbereitung mineralischer Rohstoffe nachhaltiger zu gestalten. Am Beispiel des Minerals Fluorit zeigt das Team, wie mithilfe einer Prozess-Simulation der Wasserverbrauch deutlich gesenkt werden kann.

Das Mineral Fluorit – in der Mineralogie auch als Flussspat bekannt und chemisch als Calciumfluorid bezeichnet – ist ein wichtiger Rohstoff für die Industrie. Es wird beispielsweise für die Verhüttung von Eisen eingesetzt, für die Aluminiumgewinnung oder in der Chemieindustrie als Rohstoff für Fluor und Flusssäure. Das wohl bekannteste Produkt der Fluorchemie ist das Fluorpolymer PTFE, das unter den Handelsnamen Teflon und Gore-Tex bei Membranen vertrieben wird.

Erzaufbereitung als Wasserschlucker

„Bei der Gewinnung von Fluorit wird viel Wasser verbraucht. Abhängig vom örtlichen Klima, vor allem aber von der Auslegung der Aufbereitungsanlage können es bis zu 4000 Liter pro Tonne Erz sein“, erläutert Bruno Michaux. Das Wetter können die HIF-Forscher natürlich nicht beeinflussen, aber sie können dazu beitragen, die Aufbereitung zu optimieren. In diesem Prozessschritt wird aus dem geförderten Erz das wertlose Nebengestein abgetrennt, um den Fluorit-Anteil von unter 50 Prozent auf bis zu 98 Prozent zu steigern. Dazu nutzen die Ingenieure das Verfahren der Flotation. Grob vereinfacht funktioniert es folgendermaßen: Das Erz wird gemahlen und mit viel Wasser vermischt. Dann werden verschiedene Chemikalien hinzugefügt; sie binden an die Fluoritpartikel und machen deren Oberfläche wasserabweisend (hydrophob). Nun wird Luft hineingepumpt. Die aufsteigenden Blasen nehmen die hydrophoben Partikel mit an die Oberfläche. Der Fluorit reichert sich im Schaum an, das Nebengestein bleibt zurück. Bevor es auf Halde gelagert oder als Füllmaterial wieder untertage gebracht wird, muss es entwässert werden. Um die gewünschte Konzentration an Fluorit zu erreichen, wird die Flotation mehrfach wiederholt. Entsprechend viel Wasser ist nötig.

„Bergbaufirmen versuchen, den Verbrauch von Wasser zu verringern, indem sie es mehrfach nutzen“, berichtet Michaux. „Allerdings enthält das gebrauchte Wasser Stoffe, die bei der weiteren Aufbereitung stören können – und das gilt es zu vermeiden.“ Zum Beispiel geht es um Calcium- und Magnesium-Ionen, die eine Hydrophobierung des Fluorits behindern. Wie stark dieser Effekt zum Tragen kommt, hängt von der Konzentration der Ionen ab. Die neue Methode berücksichtigt nun den Einfluss der jeweiligen chemischen Zusammensetzung des Wassers auf die Flotation. Anhand ausführlicher Versuche mit Fluoriterz im Labor erhielten die Forscher Daten, die das komplexe Zusammenspiel der Chemikalien widerspiegeln, und integrierten diese in die Simulationssoftware HSC Sim. In der Bergbauindustrie wird diese eingesetzt, um unterschiedlich zusammengesetzte Erzströme abzubilden und Aufbereitungsprozesse zu steuern.

Digital überwachter Wasser- und Energieverbrauch

„Mit der von uns entwickelten Ergänzung kann die Software nun auch die Zusammensetzung des Prozesswassers einbeziehen“, erklärt Michaux. „Dadurch wird es möglich, das eingesetzte Wasser wiederzuverwenden, ohne dass die Effizienz der Aufbereitung beeinträchtigt wird.“ Auch ein optimaler Einsatz verschiedener Wasserreservoirs nahe der Mine, wie Seen, Flüsse, Grund- oder Meerwasser, ist mithilfe der Simulation denkbar. Weitere Prozessschritte, zum Beispiel das Aufmahlen und die Entwässerung des Erzes, sollen künftig integriert werden. Im Idealfall könnte der Wasserverbrauch dann auf unter 1000 Liter pro Tonne Erz sinken.

In einem Bergbaubetrieb wollen die Forscher das neue Verfahren demnächst dem Praxistest unterziehen. „Da dies einen vollständig digitalisierten Aufbereitungsprozess voraussetzt, bei dem Sensoren die Eigenschaften der Stoffströme kontinuierlich messen und an die Prozesssteuerung weitergeben, werden zunächst eher größere Minen diese Investition leisten“, vermutet Michaux. „Das Potenzial der Digitalisierung ist aber enorm: Mittels Echtzeit-Überwachung und wirklich intelligenter Prozesssimulation und Software ist es möglich, bei einem geringeren Energie- und Materialeinsatz mehr Rohstoffe zu gewinnen“. Dies gilt für alle Erze und nicht nur für die mehrfache Wasserverwendung bei der Fluoritaufbereitung, für die das HIF-Team exemplarisch die Simulationsmethode entwickelt hat.

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Medienkontakt:
Anja Weigl | Pressereferentin
Tel.: +49 351 260-4427 | E-Mail: a.weigl@hzdr.de

Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Das HZDR hat fünf Standorte (Dresden, Freiberg, Grenoble, Hamburg, Leipzig) und beschäftigt rund 1.100 Mitarbeiter – davon etwa 500 Wissenschaftler inklusive 150 Doktoranden.

Das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) hat das Ziel, innovative Technologien für die Wirtschaft zu entwickeln, um mineralische und metallhaltige Rohstoffe effizienter bereitzustellen und zu nutzen sowie umweltfreundlich zu recyceln. Es wurde 2011 gegründet, gehört zum Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und kooperiert eng mit der TU Bergakademie Freiberg.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

Bruno Michaux | Doktorand
Tel.: +49 351 260-4494 | E-Mail: b.michaux@hzdr.de

Dr. Martin Rudolph | Leiter Abteilung Aufbereitung
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Prof. Markus Reuter | Direktor
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Originalpublikation:

B. Michaux, J. Hannula, M. Rudolph, M.A. Reuter, K.G. Van den Boogaart, R. Möckel, P. Kobylin, M. Hultgren, M. Peltomäki, A. Roine, A. Remes: Water-saving strategies in the mining industry – The potential of mineral processing simulators as a tool for their implementation, in Journal of Environmental Management, 2019 (DOI: 10.1016/j.jenvman.2018.11.139)


Weitere Informationen:

http://www.hzdr.de/presse/wassersparen_bergbau


Anhang

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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Chemie, Energie, Geowissenschaften, Maschinenbau, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW

Gefunden in: NEWZS.de